
Assistierter Suizid in Österreich



Sterbeverfügung in Österreich – Was ist das?
Seit dem 1. Januar 2022 gibt es in Österreich das Sterbeverfügungsgesetz. Es regelt, unter welchen Bedingungen Menschen ihr Leben selbst beenden dürfen, wenn sie sterben möchten.
Wer kann eine Sterbeverfügung machen?
Das dürfen nur volljährige Personen, die:
an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder
einer sehr schweren, dauerhaften Erkrankung mit anhaltenden Symptomen leiden, die ihre Lebensführung stark beeinträchtigt,
und bei denen die Krankheit einen nicht anders abwendbaren Leidenszustand verursacht,
und die noch entscheidungsfähig sind (also verstehen, was sie tun).
Außerdem müssen sie österreichische Staatsbürger sein oder dauerhaft in Österreich wohnen.
Wie funktioniert die Erstellung einer Sterbeverfügung?
Erster Schritt: Ärztliche Beratung und Aufklärung:
Zwei Ärzt*innen prüfen, ob die Person entscheidungsfähig ist. Mindestens ein Arzt/eine Ärztin muss eine Qualifikation in Palliativmedizin haben.
Was müssen die Ärzt*innen bei einer Sterbeverfügung bestätigen?
Zwei Ärzt*innen müssen unabhängig voneinander bestätigen:
Dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist (bei Zweifeln kann auch ein Psychiater/eine Psychiaterin oder ein klinischer Psychologe/eine klinische Psychologin prüfen).
Dass die Person den freien uns selbstbestimmten Wunsch hat, ihr Leben zu beenden.
Was wird bei der Aufklärung besprochen?
Mögliche Behandlungsalternativen und Möglichkeiten der Hospiz- oder Palliativversorgung.
Hinweise auf Psychotherapie und Beratung.
Nur ein Arzt/eine Ärztin muss die Dosierung des Präparats plus Begleitmedikation und die Einnahmeart festlegen (z.B. flüssig oder Infusion). Dabei ist wichtig, ganz genau zu besprechen, wie die Einnahme sicher funktioniert, z.B. keine Strohhalme verwenden, aufrechter Sitz, bitterer Geschmack.
Was passiert danach?
Die Gutachten werden der sterbewilligen Person ausgehändigt. Die Aufklärung wird im Sterbeverfügungsregister dokumentiert. Es wird empfohlen, dass der oder die erste Ärzt*in das Sterbeverfügungsregister eröffnet. Die Zugangsdaten (Gst-Zahl und PIN) werden an den oder die zweite Ärzt*in und an den oder die Notar*in weitergegeben, damit alle Schritte dokumentiert werden können.
Wo kann man die Gutachten bekommen?
Bei der Ärztekammer Tirol können unter folgendem Link entsprechende Ärzte abgefragt werden.
Zweiter Schritt: Errichtung der Sterbeverfügung bei einem*r Notar*in
Die Sterbeverfügung darf frühestens 12 Wochen nach der ersten ärztlichen Aufklärung erstellt werden.
Wenn die Erkrankung voraussichtlich innerhalb von sechs Monaten zum Tod führt, kann die Frist auf zwei Wochen verkürzt werden (muss in der ärztlichen Aufklärung festgehalten werden).
Die Sterbeverfügung ist ein Jahr gültig oder bis sie von der sterbewilligen Person widerrufen wird.
In der Sterbeverfügung können Personen genannt werden, die die sterbewillige Person unterstützen. (Als hilfeleistende Person)
Aufgaben des/der Notar*in:
Überprüfung aller Voraussetzungen
Eintragung ins Sterbeverfügungsregister (z.B. ärztliche Aufklärung, Unterstützungspersonen, Präparat,...)
Ausgabe eines Originals der Sterbeverfügung an die sterbewillige Person
Bekanntgabe einer Apotheke, die das Präparat abgibt
Dritter Schritt: Abholung des Präparates in Apotheken
Apotheken brauchen 3-4 Tage, um das in der Verfügung genannte Präparat zu besorgen.
Das Präparat ist Natrium-Pentobarbital, erhältlich als Trinklösung, Pulver oder Infusion.
Die Ärztin oder der Arzt bespricht mit der sterbewilligen Person, wie das Mittel eingenommen wird, und legt Methode, Dosierung und Begleitmedikation fest.
Für die Ausgabe braucht die Apotheke die Sterbeverfügung oder eine Verordnung der Ärzt*in, in der die Art der Einnahme, die Dosierung und Begleitmedikation angegeben sind.
Das Präparat kostet ca. 60 Euro. Die Trinklösung ist nur einen Monat haltbar und kann nach Ablaufdatum bei Nichtverwendung bei der Apotheke zurückgegeben und bei Bedarf neu bestellt werden, solange die Verfügung gültig ist.
Die sterbewillige Person kann das Mittel selbst abholen oder jene hilfeleistende Person, die in der Verfügung genannt wird.
Apotheken entsorgen Reste des Präparats.
Hinweis: Niemand ist verpflichtet, bei der Hilfe, ärztlicher Aufklärung oder Errichtung der Verfügung mitzuwirken.
Vierter Schritt: Umsetzung des assistierten Suizids
Der assistierte Suizid kann im privaten Rahmen durchgeführt werden. Heimbewohner*innen können ihr Recht auf Selbsttötung durch fremde Hilfe in solchen Pflegeeinrichtungen einfordern. Auch wenn die Einrichtung selbst nicht mitwirken darf oder kann.
Wie: Die Person, die sterben möchte, muss das Mittel selbst trinken oder die Infusion selbst aufdrehen können.
Hilfe ist erlaubt: Es wird empfohlen, Helfer*innen in der Sterbeverfügung zu nennen, z.B. Angehörige, Freund*innen, Pflegepersonal oder Ärzt*innen, die beim Abholen, Legen eines Zugangs oder einer Sonde helfen.
Voraussetzungen für Helfer*innen:
Volljährigkeit
Entscheidungsfähigkeit
Bereitschaft zur Hilfe
Ausgeschlossen von der Hilfe sind Ärzt*innen und Notar*innen, die bei der Erstellung der Sterbeverfügung mitgewirkt haben.
Fünfter Schritt: Wenn der Tod eingetreten ist
Den Hausarzt rufen, um den Tod festzustellen (Totenbeschau).
Ein Bestattungsunternehmen verständigen, das in Bereitschaft ist.
Die Sterbeverfügung sollte griffbereit sein, damit die Totenbeschau schnell erfolgen kann und Missverständnisse vermieden werden.
Der/die Totenbeschauarzt*in trägt den Tod ins Sterberegister ein.
Diese Hinweise enthalten Empfehlungen und „Soll-Sätze“, um die praktische Umsetzung des assistierten Suizids zu erleichtern.
Wenn Sie noch mehr Informationen möchten, helfen wir gern weiter!
Quelle: www.bewusst-entscheiden.at
Weitere Quelle: ÖRK – Leitfaden https://www.roteskreuz.at/fileadmin/user_upload/PDF/Pflegende_Angehoerige/A5_OeRK_Broschuere_Assistierter_Suizid.pdf
Interview mit Niki Glattauer: https://www.youtube.com/watch?v=ejWrQzU3OPo